DONNERSTAG, 16.10 UHR
Henning und Santos parkten in der Bismarckallee, sieben Häuser lagen in ihrem Blickfeld, und in einem davon wohnte Albertz.
»Ist schon komisch, was? Erst trifft er sich mit uns in Bruhns' Haus in Schönberg, jetzt will er, dass wir zu Klein nach Mönkeberg kommen. Der hat ein Rad ab, wenn du mich fragst. Oder er hat einen extrem schrägen Humor. Lauter Todeshäuser«, sagte Henning. »Ich werde ihm heute mal richtig auf den Zahn fühlen. Weißt du was, Sören? Ich habe doch keinen Bock, hier rumzuhängen und auf das Haus zu stieren, das kann ich genauso gut bei uns mit der Wand machen. Komm, lass uns nach Hause fahren und die Füße hochlegen, die Nacht wird noch lang genug.«
»Einverstanden. Wahrscheinlich kommt der gar nicht
nach Hause, sondern fährt gleich nach Mönkeberg. Hast du die Kombination noch im Kopf?«
»Klar, mein fotografisches Gedächtnis funktioniert noch immer. Eins, neun, zwei, acht.«
»Perfekt, vielleicht sind wir ja vor ihm dort.«
»Das ist mir gleich. Ruhen wir uns noch ein bisschen aus,
ich bin ziemlich müde. Hat wohl mit den letzten Tagen zu tun. Manchmal hasse ich meinen Job.«
»Nicht nur du«, entgegnete Henning.
»Warum werden immer wir in diese Sümpfe gezogen?
Warum nicht auch mal irgendwelche Kollegen? Immer nur wir.«
»Klose watet doch seit Jahren nur noch durch Sumpf. Wir werden auch wieder bessere und ruhigere Zeiten erleben.«
»Was sind bessere oder ruhigere Zeiten? Ein Mann, der seine Frau aus Eifersucht totprügelt? Ein Pärchen, das sein Kind verhungern lässt? Ein Serienkiller, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt? Ein ...« »Hör auf«, wurde sie von Henning unterbrochen. »Wir haben uns diesen Beruf ausgesucht, und wir werden ihn weitermachen. Wenn das hier alles vorbei ist, nehmen wir uns ein paar Tage frei und fliegen irgendwohin.« Lisa Santos lachte auf. »Wann, glaubst du, ist es vorbei? Das kann noch Wochen oder Monate so weitergehen.« »Normalerweise bin ich ja der Pessimist von uns beiden, aber nun denke ich mal positiv: Wir werden Albertz nachher klipp und klar unsere Meinung sagen und fertig. Wir ziehen uns zurück, und keiner kann uns zum Weitermachen zwingen. Nicht einmal Albertz. Wir sind bei der Mordkommission und haben weder etwas mit dem Verfassungsschutz noch mit irgendeiner anderen dubiosen Organisation etwas zu tun. Okay?« Santos antwortete nichts, schweigend fuhren sie nach Hause.
Dort tranken sie Tee, aßen ein paar Plätzchen und ruhten sich aus. Um halb acht ging Lisa ins Bad, um zu duschen und sich umzuziehen. Nach zwanzig Minuten kam sie wieder heraus, Henning duschte ebenfalls. Nach dem Abendessen überprüften sie ihre Waffen. Sie waren bereit für das Treffen mit Albertz.
Um zwei Minuten nach neun erreichten sie Kleins Haus in Mönkeberg. Das Tor war nur angelehnt, so wie tags zuvor bei Bruhns. Sie gingen auf das Haus zu und durch die ebenfalls nur angelehnte Tür. Sie stiegen die Treppe hinauf und gelangten in den Raum, in dem sie Kleins Leiche vorgefunden hatten. Sie waren allein.